„Normale zivile Bevölkerung (in Afghanistan) ist zwar Opfer, ist aber nicht Ziel von Anschlägen der Taliban. Und das ist ein großer Unterschied“. Diese Aussage des Bundes-innenministers in den ARD-„Tagesthemen“ am 20. Februar 2017 offenbart den ganzen Zynismus der Abschiebungen.
Im Zeitraum vom 11. April bis 25. Juli finden jeweils dienstags von 18 bis 19 Uhr an wech-selnden Orten in der Münchner Innenstadt Mahnwachen gegen die staatlich verordneten Ab-schiebungen statt. Organsiert werden sie von AGABY (Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns), dem Bayerischer Flüchtlingsrat, der GEW, der IG-InitiativGruppe, Refugio München und der SchlaU-Schule. Bisher nahmen zwischen 30 und 50 Protestierende daran teil (Ausnahme war der 25.4.: bei strömendem Regen konnten nur ca. 15 Menschen gezählt werden). Hin und wieder wird auch die Presse verortet: so z. B. ein Journalist des Bayerischen bzw. eine Kollegin des Litauischen (!) Rundfunks. Immer wieder berichten Teilnehmende am „offenen Mikro“ von besonders inhumanem Vorgehen staatlicher Stellen und von „Nacht- und Nebelaktionen“ der Abschiebebehörden und der Polizei; viele afghanische Geflüchtete trauen sich deshalb oft nicht mehr, in den Unterkünften zu übernachten – häufig ist es ist auch nicht ratsam! Flüchtlingshelfer*innen und Betreu-er*innen der SchlaU-Schule klagen darüber, dass die Schüler*innen nicht mehr in der Lage sind, sich zu konzentrieren und immer weniger Sinn darin sehen, sich zu engagieren; Aus-bildungsverträge sind kein Hindernis mehr gegen eine Abschiebung und für Betriebe wird es immer schwerer, Arbeitsgenehmigungen für Geflüchtete (Jugendliche) zu erhalten. Ein Jurist wies darauf hin, dass in Bayern durch die Nichtanwendung bzw. unterschiedliche Anwen-dung der Gesetze erhebliche Rechtsunsicherheit herrscht.
Zusätzlich ruft der Bayerische Flüchtlingsrat zu Protesten am Flughafen auf, wenn wieder Sammeldeportationen geplant sind. Am Montag, dem 24. April fand um 19 Uhr eine Demo gegen die mittlerweile fünfte Sammelabschiebung mit 14 Geflüchteten nach Afghanistan statt, an der ca. 80 Menschen – auch Geflüchtete aus Afghanistan – teilnahmen. Seit Dezember 2016 sind bisher 107 abgelehnte Asylbewerber*innen nach Kabul abgeschoben worden.
Dazu schreibt Thomas Nowotny auf Facebook: Der Flüchtling Farhad Rasuli wurde am 14.02.2017 von Deutschland nach Afghanistan abgeschoben und am 10.05.2017 von den Taliban getötet.
Abgeschoben in ein unsicheres und vom Krieg zerstörtes Land!
Doch trotz der ständigen Lebensbedrohung, in der Abgeschobene in Afghanistan versuchen zu überleben und obwohl es laut der UN-Agentur OCHA in 29 der 34 Provinzen Zwangs-vertreibungen gibt, nimmt der Druck auf alle Geflüchteten weiter zu; die Angst vor Abschie-bungen wächst – nicht nur nach Afghanistan. Abgeschoben werden auch Menschen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind; z. B. Selami Prizreni in den Kosovo.
Wie Geflüchtete vor einer Abschiebung geschützt werden können, ist auf der Seite des Flüchtlingsrates zu lesen.
http://Weitere Infos: http://www.fluechtlingsrat-bayern.de/
Annemarie Fingert