Am 11.12.2015 konnte die AG Drogenpolitik DIE LINKE. München den drogenpolitischen Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Frank Tempel, im gut besuchten Münchner EineWeltHaus begrüßen. Nach Frank Tempels zweistündigem Vortrag schloss sich eine einstündige und ebenso interessante Diskussion mit den Besucher*innen der Veranstaltung an, die vom Sprecher der AG Drogenpolitik, Dominik Lehmann, moderiert wurde.
Das Thema des Abends waren „legal highs“ oder Research Chemicals, Neue Psychoaktive Stoffe (NPS), die nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Aktuell geht man davon aus, dass sich ungefähr 1.500 verschiedene Legal-High-Produkte mit rund 160 unterschiedlichen Wirkstoffen auf dem Markt befinden. Ungefähr zwei Drittel aller Legal Highs sind synthetische Cannabinoide, also Ersatzstoffe für das verbotene Cannabis. Im Jahr 2014 waren 25 von insgesamt 1.032 Drogentoten auf Konsum von Legal Highs zurück zu führen und gerade Bayern gilt als Bundesland, in dem legal highs am stärksten verbreitet sind. Frank Tempel stellte in seinem Vortrag die hilflose Reaktion der Bundesregierung heraus, die rasante Verbreitung von legal highs mit Verboten verhindern zu wollen: „Die Verbreitung von Neuen Psychoaktiven Stoffen (NPS) ist nicht-intendierte Folge des Drogenverbots. Das Stoffgruppenverbot würde dazu führen, dass Substanzen aus anderen Stoffklassen auf den Markt kommen, wie es in anderen EU-Staaten der Fall war.“ Für DIE LINKE ist deswegen klar: „Eine Regulierung des Cannabiszugangs wird die Verbreitung von Legal Highs einschränken. Politisches Ziel muss es daher sein, langfristig den Markt mit bekannten Drogen zu regulieren und so die Anreize, sich zu Versuchskaninchen der Drogenmafia zu machen, zu reduzieren.“
Doch der Vortrag blieb nicht nur bei dem einen Thema, gut gelaunt berichtete Frank Tempel auch über seine Sicht zur Debatte über die verschiedenen Modelle zur Legalisierung und über seine Arbeit im Parlament sowie seine Vernetzung mit Akteuren, die sich für eine andere Drogenpolitik einsetzen. Er verglich z.B. die Marktlegalisierung in Colorado (USA) mit dem Modell der linken Regierung in Uruguay, die einen Mix aus öffentlich regulierter Abgabe und legalisiertem Eigenanbau mit großen Erfolgen umgesetzt haben. Auch berichtete er von den Reisen der Fachpolitiker*innen aus dem Bundestag nach Lateinamerika und zur EU- Drogenbeobachtungstelle nach Lissabon. Dort kam es während des Besuchs zu einer Debatte zwischen Frank Tempel und Marlene Mortler (CSU), der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Frau Mortler sprach von angeblich straffreien Besitz von Drogen in Deutschland und meinte, von einer Kriminalisierung von Kosument*innen könne deswegen keine Rede sein. Frank Tempel stellte ihrer Behauptung seine Erfahrungen als ehemaliger Kriminalpolizist in der Drogenfahndung entgegen. Er sei damals gezwungen gewesen, wegen Restanhaftungen von Cannabis an Jointstummeln Anzeigen zu schreiben. Von einer liberalen Drogenpolitik, wie Frau Mortler sie in Lissabon darzustellen versuchte, kann in Deutschland keine Rede sein. Mortler und andere Befürworter der Prohibiton geraten immer mehr in die Defensive. „Es gehen ihnen die Experten aus, die ihrer Meinung sind. Gerade sind das noch zwei.“ Auch deswegen ist Tempel generell optimistisch, was die Zukunft betrifft. Unermüdlich führt er Gespräche mit verschiedenen gesellschaftlichen Akteur*innen, die sich für eine andere Drogenpolitik einsetzen, wie z.B den 122 Strafrechtsprofessor*innen des Schildower Kreises, die deutsche Hauptstelle für Suchtfragen und der Bund der Kriminalbeamten, aber auch Organisationen wie dem deutschen Hanfverband und Einzelpersonen, wie Musiker Hans Söllner, den Frank Tempel für ein Interview traf. Auch sprach er sehr lobend über die gute Zusammenarbeit zwischen LINKEn und Grünen im Bundestag beim Thema Legalisierung in Ausschüssen und im Plenum. Selbst von Kolleg*innen im Bundestag aus den Regierungsfraktionen würde er unter vier Augen Zuspruch für die Idee einer Legalisierung bekommen. „Das erste auf was sich eine Rot-Rot-Grüne“ Regierung einigen könnte wäre die kontrollierte Legalisierung von Cannabis“, da ist sich Frank Tempel sicher.