Oder doch lieber die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen? Über eine deutsche Debatte und die deutsche Mitschuld an der Eurokrise.
Vortrag und Diskussion mit:
Prof. Dr. Heiner Flassbeck
Volkswirt, ehem. Staatssekretär im Bundesfinanzministerium
ehem. Chefökonom der UNCTAD
Donnerstag, 29.10.2015
Beginn: 19.00 Uhr
Gewerkschaftshaus München
Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Eintritt frei!
„Deutschland geht es so gut wie nie zuvor.“ (Angela Merkel, September 2011)
„Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.“(Gerhard Schröder auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, Januar 2005)
Seit mehr als 30 Jahren predigen die herrschenden Kreise, die Arbeitgeberverbände und die führenden Politiker fast aller Parteien, „Lohnzurückhaltung“ und Sozialabbau als Königsweg zur Senkung der Arbeitslosigkeit. In aller Schärfe durchgesetzt wurde diese Politik mit der „Agenda 2010“ durch die SPD/Grüne-Bundesregierung unter Gerhard Schröder in Zusammenarbeit mit der damaligen Opposition von Union und FDP. Im Zuge der „Lohnnebenkosten“-Diskussion wird das Rentenniveau bis zum Jahr 2031 noch einmal um 20% gegenüber dem Niveau des Jahres 2000 gesenkt. Die Bezugsdauer von Arbeitsgeld wurde gekürzt und größere Teile der Krankenversicherungsbeiträge auf die Arbeitnehmerseite abgewälzt.
Die deutsche Politik, unterstützt von Arbeitgeberverbänden und dem Mainstream konservativ-neoliberaler Ökonomen, begründet die angebliche Notwendigkeit einer Politik der „schmerzhaften Reformen“ mit dem inzwischen erreichten wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands, das noch in den 1990er Jahren als „kranker Mann Europas“ verspottet wurde. Die Bundesregierung brüstet sich mit dem statistisch niedrigsten Arbeitslosenstand seit Anfang der 1990er Jahre und schwärmt von der hohen deutschen Wettbewerbsfähigkeit. Im Jahr 2014 hat Deutschland mit ca. 220 Milliarden Euro den weltweiten höchsten Leistungsbilanzüberschuss aller Zeiten erzielt, und so soll es nach dem Willen der Regierung weiter gehen. Im Jahr 2014 konnte der Bundesfinanzminister eine „Schwarze Null“ feiern, einen Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung. Den „Euro-Krisenländern“ wirft man vor, nicht wettbewerbsfähig zu sein, über den eigenen Verhältnissen gelebt und sich hoch verschuldet zu haben.
Linke Ökonomen in Deutschland beklagen den größten Niedriglohnsektor der EU, die verschärfte soziale Spaltung zwischen Reichen und Superreichen und dem sich ausbreitenden Heer der Armen. Hartz IV bedroht die abhängig Beschäftigten. Leih- und Zeitarbeit, befristete Beschäftigungen und der massenhafte Missbrauch von Werkverträgen sind für junge Menschen und aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmer eher die Regel als die Ausnahme. Mindestens ein Drittel der Babyboomer-Generation wird als Rentner in Armut leben. Während die deutsche Wirtschaft von 1991 bis 2015 um 30% wuchs und die Kapitalgewinne sich verdoppelten, haben die realen Löhne im Jahr 2015 gerade erst wieder das Niveau von 1992 erreicht.
Aber stimmt die offizielle Erzählung oder gibt es neben der Klage über die geschwundene soziale Gerechtigkeit auch volkswirtschaftliche Gründe, die herrschende Politik abzulehnen? Geht es Deutschland wirklich gut, und brauchen wir einen Niedriglohnsektor? Welche Auswirkungen hatte die Lohndumpingpolitik für die deutsche Binnenwirtschaft und welche im Verhältnis zu den europäischen Partnerländern, mit denen wir über den Euro verbunden sind? Hat die exportorientierte deutsche Volkswirtschaft vielleicht sogar Strukturprobleme? Was muss sich ändern? Darüber referiert Prof. Dr. Heiner Flassbeck, Volkswirt und ehemaliger Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Anschließend besteht eine ausführliche Möglichkeit zur Diskussion.
Downloads:
- Veranstaltungsplakat (DIN A1 Ansicht)
- Veranstaltungsflyer (DIN A5)
- Kopiervorlage Veranstaltungsflyer (farbig, DIN A5 auf DIN A4, doppelseitig)
- Kopiervorlage Veranstaltungsflyer (schwarz-weiss, DIN A5 auf DIN A4, doppelseitig)