Am 07. 09. luden der OV Nord, der OV Süd und der Kreisverband München zur Veranstaltung „Mit CETAist TTIP schon da“ ins EineWeltHaus, als Referent konnten wir mit Henning Hintze einen Experten gewinnen, der sich schon lange, bevor das Thema in der Öffentlichkeit virulent wurde, intensiv mit diesen „Frei“handelsabkommen befasst.
Die Verhandlungen über das „Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen“ (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) zwischen der Europäischen Union und den USA haben das Ziel, die größte Freihandelszone der Welt zu schaffen. TTIP sieht einen umfassenden Abbau von „Handelshemmnissen“ vor; außerdem sollen Investitionen vor staatlichen Eingriffen der jeweils anderen Seite „geschützt“ werden. Ziel ist die Vereinheitlichung von (De-)Regulierungen der Wirtschaft, sowie Koordinierung von Gesetzesvorhaben, die die Interessen der Wirtschaft betreffen.
Das Freihandelsabkommen mit Kanada, CETA genannt, soll bereits 2016 ratifiziert oder „vorläufig angewendet“ werden; gleich TTIP enthält es zahlreiche inakzeptable Deregulierungen. Neoliberale Deregulierungen werden immer mit angeblichem Wirtschaftswachstum und damit verbundenen „Wohlstandsgewinnen“ gerechtfertigt. Für international tätige Großkonzerne und Großbanken mag es solche „Gewinne“ geben, doch die meisten Bürger und Bürgerinnen werden vor allem Nachteile und Verluste zu gewärtigen haben. Dies gilt noch mehr für die Menschen im globalen Süden.
Hauptkritikpunkt in Henning Hintzes Vortrag waren die sogenannten Schiedsgerichte, umbenannt in „Investitionsgerichsthof“, die mit den uns bekannten Gerichten nur den Namen gemein haben. TTIP sieht ein Klagerecht von Konzernen gegen Staaten vor solchen „Schiedsgerichten“, die im Geheimen tagen, vor, in denen vor allem Juristen großer internationaler Anwaltskanzleien sitzen und durch nichts legitimierte Entscheidungen treffen – diese aber rechtskräftig unanfechtbar. Hier handelt es sich um eine private Paralleljustiz, die demokratischen Grundsätzen eklatant widerspricht.
Es gibt bereits zahlreiche Klagen von Konzernen gegen Staaten wegen entgangener Profite. Zum Beispiel klagt derzeit Vattenfall gegen Deutschland auf ca. 5 Milliarden Euro Schadenersatz wegen unseres Atomausstiegs! Wegen des öffentlichen Protests gegen die privaten „Schiedsgerichte“ hat die EU nun für CETA ein „Investitionsgericht“ mit 15 Richtern verhandelt. Aber: Der deutsche Richterbund lehnt dieses „Investitionsgericht“ ab! Denn: Diese „Richter“ sind weder finanziell noch fachlich unabhängig. Und: Wieso überhaupt eine Sonderjustiz für Konzerne? Es gibt doch normale Gerichte!
Zudem sehen TTIP und CETA vor, dass Gesetzesvorhaben müssen, bevor sie überhaupt ins Parlament kommen, einem „regulatorischen Rat“ der Konzerne vorgelegt werden müssen, um zu prüfen, ob sie den Vorgaben der Freihandelsabkommen entsprechen! Das ist nichts anderes als eine private Vorzensur für Gesetzesvorhaben!
Viel zu wenig wird auch über den Globalen Süden geredet, die großen Verlierer solcher Abkommen. Hierzu verfolgten wir einen Ausschnitt aus der Bundespressekonferenz zur Großdemonstration „CETA & TTIP stoppen!“ (Phoenix vor Ort, 23.08.2016, https://www.youtube.com/watch?v=8dtho6c0BQE ), in dem Cornelia Füllkrug-Weitzel von Brot für die Welt die Folgen für diese Länder erläuterte.
Alles in allem durften wir einen hochinteressanten Vortrag erleben, der uns alle motiviert hat, am Samstag, den 17.09. zum Odeonsplatz zu gehen, um zu zeigen, dass diese Abkommen verhindert werden müssen. Wir fordern einen fairen Handel, von dem alle Menschen profitieren, nicht nur eine kleine Handvoll von Konzernen!