„15 Michelin-Sterne für München“ und gleich darunter „Warme Mahlzeit in allen Servicezentren“, so stand’s geschrieben in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 3./4.12.2016
Mit 15 Guide-Michelin-Sternen ist „München weiterhin eine kulinarische Hochburg“ Gleichzeitig soll in allen städtischen Alten-Service-Zentren (ASZ) künftig ein „warmes Mittagsessen zu einem günstigen Preis angeboten werden“, da „es in München zunehmend bedürftige Ältere gibt“.
Tafeln für alle
Während die einen im Tantris, Bayerischen Hof, bei Dallmayr oder in der BMW-Welt tafeln, stehen die anderen Schlange bei der Essensausgabe der Münchner Tafel. Die Gutbetuchten geben pro Frau oder Mann für ein Menü locker so viel aus, wie ein Hartz IV-Empfänger im ganzen Monat zu Verfügung hat.
Sozialneid?
Da mögen jetzt einige empört rufen: „du mit deinem Sozialneid!“ Gegenfrage: Ist es sozial, wenn über 250.000 Münchner als arm gelten oder von Armut bedroht sind?
Ist das sozial, wenn laut einer Studie der Stadt München, die Anfang nächsten Jahres veröffentlicht wird (SZ vom 26./27.11.2016) jeder Single als arm gilt, wenn sie oder er monatlich netto € 1350 zur Verfügung hat?
Wir müssen leider draußen bleiben
Dieser Spruch gilt für immer mehr Menschen, die nur mit großer Anstrengung über die Runden kommen. Sie haben keinen Cent übrig, um am kulturellen Leben teilzunehmen oder mal an einer Bar mit Freunden einen zu heben. Schon eine Fahrt mit der U-Bahn muss genau überlegt werden.
München ist eine der teuersten Städte. Luxusmieten von über 14 € den Quadratmeter für eine normale Zwei-Zimmer-Wohnung aus den 50er oder 60er Jahren plus Betriebskosten und Heizung sind keine Seltenheit.
Reiche zur Solidar-Kasse bitten
Wie heißt es doch so schön, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Ja, das kann man auch in dem so schicken München beobachten, wenn man nicht blind durch die Stadt läuft. Flaschensammler, die in Abfalleimern wühlen, Alleinerziehende, die mit dem quengelnden Filius im Schlepptau von einem Sonderangebot im Supermarkt zum anderen hetzen.
Jetzt ist Solidarität gefragt – kein Ellenbogen ausfahren. Jetzt ist vor allem angesagt, dass diejenigen, die auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurden oder dort angekommen sind, über eine Erbschafts- und Vermögenssteuer zur Solidar-Kasse gebeten werden.
70 Jahre bayerische Verfassung – Leitkultur für alle
Artikel 123 (Steuerwesen)
Abs. (3) Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern.
Artikel 168 (Arbeitsentgelt; Fürsorge)
Abs. (2) Arbeitsloses Einkommen arbeitsfähiger Personen wird nach Maßgabe der Gesetze mit Sondersteuern belegt.
Liebe CSU, nicht nur 70 Jahre Bayer. Verfassung feiern, sondern bitte mal überprüfen, inwieweit diese als allgemeingültige „Leitkultur“ umgesetzt wurde und wird. Solange dies nicht geschieht, braucht’s keine Suche nach einer neuen Leitkultur.
Renate Cullmann