Ein Kommentar von Florian Schlund,
Gesundheitspolitischer Sprecher DIE LINKE. München
Städtische Kliniken München (StKM) –
eine unendliche Geschichte!
Ort: Rathaus München, Vollversammlung des Stadtrates
Zeit: 29.07.2015
Tat: Der Münchner Stadtrat winkt das Sanierungsumsetzungskonzept der Boston-Consult-Group (BCG), unterstützt vom ehemaligen BCG Mitarbeiter und jetzigen Vorsitzender der Geschäftsführung der StKM Dr. Fischer, durch!
Doch bei einer kleinen Gruppe Bürger regt sich Widerstand!
Wie alles begann:
Die StKM schreibt seit über 20 Jahren, wie viele kommunale Kliniken, rote Zahlen. Dass das auch an suboptimalem Management liegt, ist klar, aber der Hauptgrund ist, dass städtische Kliniken nicht Rosinen picken dürfen wie Privatkliniken, sondern eine Gesamtversorgung der Bürger erfüllen und das in allen Fällen, rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr.
Im Februar 2014 hatte die Unternehmensberatung BCG ein Sanierungskonzept für die städtischen Kliniken Münchens vorgestellt, welches trotz zunehmender Bevölkerung eine drastische Verkleinerung der Kliniken Harlaching und Schwabing vorsah. Bis 2022 sollen nicht nur „Betten“ reduziert werden, sondern 9 von jetzt 17 Fachabteilungen geschlossen werden, vom Wegfall von über 2000 Arbeitsplätzen gar nicht zu sprechen.
Gegenwind:
Dagegen rührte sich der Widerstand an vielen Ecken, ob Initiativen in den Kliniken,
Arbeitnehmervertreter oder Bürgervertretungen bis zur Bürgerinitiative.
Alle forderten eine Einbindung in die Planung und Entscheidung, außer Zusicherungen,
dass ja noch nichts fix ist und man alle anhören werde, passierte nichts.
Tricks:
Um einen zu starken Einfluss des medizinischen Sachverstandes zu vermeiden
wurde kurzerhand der Kämmerer zum neuen Leiter der ganzen Sanierung erklärt.
Damit war klar, es geht nicht um Gesundheit, sondern einzig ums liebe Geld.
Gegenkonzepte:
Von mehreren Seiten wurden umfangreiche Alternativkonzepte vorgelegt …. man versprach, sie wohlwollend zu prüfen!
Demokratisches Feigenblatt:
Das Lesen von Eingaben oder Brandbriefen, mit kurzen Gesprächen, wurde vollmundig als Bürgerbeteiligung gepriesen.
Die Stadtratsvorlage genau gelesen:
Sitzungsvorlage Nr.14-20/V 03572 zur öffentlichen Sitzung vom 29.07.2015
Gleich zu Anfang teilt uns der Verfasser mit:
„wegen der umfangreichen Beschlussvorlage wird auf das Management Summary
verwiesen ….“ welcher Stadtrat würde dem bei ca. 450 Seiten nicht gerne folgen?
Im „Management Summary“ erfolgt in blumigen, teils pseudowissenschaftlichen
Worten eine sehr positive Darstellung (die Streichung von 53% der Betten im KH
Schwabing wird glatt vergessen …) und schließt mit der Empfehlung der Geschäftsführung und der Kämmerei, diesen Vorschlag anzunehmen.
Wenn man sich die Mühe macht, die 450 Seiten genau zu lesen, erschließt sich die gesamte Grausamkeit, schnell erkennt man die Handschrift des Unternehmensberaters:
Wortgewaltig wird die umfassende Analyse, fundierte Erhebung von Indizes und Einbindung von Experten, gelobt, um in Worthülsen zu enden:
„ …, dass es deutliche Veränderungen an der Portfoliostruktur für die StKM geben muss, um auch bei Beibehaltung des Versorgungsauftrages die Grundlage für bessere medizinische Qualität und auch eine ökonomisch ausgeglichene Leistungserbringung zu schaffen.“
Mit anderen Worten: sparen, sparen, sparen … … …
Daran schließt sich die Aufzählung der Schrecklichkeiten:
- jedes 4. Bett gestrichen
- 2000 Stellen fallen weg
- Gehälter werden gekürzt
Die Einzelheiten erspare ich dem Leser, einzig sei versichert, alles wird als
alternativlos, wohl überlegt und medizinisch wie sozial ausgewogen präsentiert.
Dass beim NOTFALL-KONZEPT die „Analyse noch geplant“ ist und das dieses mit dem
Satz: „kann zum heutigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden“ bedacht wurde, setzt dem
ganzen die Krone auf!
In anderen Worten: Der Stadtrat kauft beim Hauptproblem die Katze im Sack!
Beim genaueren Hinsehen erweist sich selbst manche „Optimierung“ als Nullnummer
oder schlimmer, beim Punkt Dienstleistungen z.B. wird es trotz 300 Entlassungen teurer.
Zum Versprechen „keine betriebsbedingte Kündigungen“:
Auch bei optimistischer Rechnung (inkl. Einrechnung von Eigenkündigungen) müssen bei über 400 Stellen „andere Instrumente für den Personalabbau angewandt werden.“
Und der Sanierungstarifvertrag sieht zusätzlich Lohneinbußen von 6% vor.
Dass auf die Bedenken des eigenen Kämmerers und der Lohfert und Lohfert AG sowie MCK Gmbh nur oberflächlich eingegangen wird, verwundert in diesem Zusammenhang wenig, man wolle dann alles im Laufe der Zeit „nachjustieren“.
Dass die Gesamtfinanzierung (über 1 Milliarde) noch nicht gesichert ist, erstaunt in
diesem Gesamtbild auch nicht mehr … …
Zusammenfassend ist zu sagen:
Der Stadtrat hat trotz mehrerer Anträge der Linken. gegen alles Fachwissen ein
unklares, unsicheres und mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftetes Konzept beschlossen,
das von sozialen Grausamkeiten nur so strotzt und dem Willen und den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in keiner Weise gerecht wird!
Dieser die medizinische Versorgung der Münchener BürgerInnen gefährdende Beschluss
ist rundweg abzulehnen und deshalb mit allen demokratischen Mitteln zu bekämpfen!
Gegenstrategie:
Dass die momentane Gesundheits(?)-Politik der Regierung im Bund zutiefst menschenverachtend, weil ausschließlich gewinnorientiert ist, steht sicher bei Interessierten wie Insidern außer Frage, das kann aber nur auf Bundesebene gelöst werden, z.B. durch Abschaffung der Fallpauschalen (DRGs) und Einführung einer Bürgerversicherung mit Berücksichtigung aller Einnahmen ohne Begrenzung.
Für uns Münchner Bürger stellt sich primär die Frage, wie können wir in unserer
Stadt die Auswirkungen auf die Versorgungssituation retten?
Wir meinen, durch 4 Punkte:
- Rücknahme des Stadtratsbeschlusses
- Bedarfsgerechte Neuplanung mit Beteiligten und Bürgern
- Erhalt von 4 Standorten als medizinische Komplett-Zentren
- Tariftreue bei den Löhnen, keine Fremdvergaben
Dies gelingt am einfachsten durch ein Bürgerbegehren!
Weitere Informationen:
Florian Schlund: florianschlund@t-online.de oder Telefon: 0160-1252178