Unter diesem Motto stand der Münchner Ostermarsch am Samstag den 15. April 2017.
Erhard Seiler begrüßte im Namen des Münchner Friedensbündnisses die ca. 900 Teilnehmenden und moderierte die Auftaktkundgebung, auf der u. a. Judith vom Verein Bildungsfreiräume e. V. der Bundeswehr die Legitimation absprach, an Schulen um Jugendliche für den Kriegsdienst zu werben; sie forderte vom Militär und der Rüstungs-industrie unabhängige freie Hochschulen. Geld sei notwendig für Bildung, die Ausstattung der Schulen und Hochschulen, nicht aber für Rüstung! Der Münchner Liedermacher Sam Rasta sorgte für die passende musikalische Umrahmung.
Leicht verspätet zog der Demonstrationszug, der zwischenzeitlich auf über 1000 Menschen angewachsen war, über den Oberanger, am Viktualienmarkt und Marienplatz vorbei durch die Weinstraße zum Max-Joseph-Platz. Der Demozug wurde begleitet von der Percussion-Gruppe „Samba Sole Luna“, so dass wir nicht nur deutlich sichtbar sondern auch gut hörbar waren.
Doro Weniger von der GEW, die die Moderation übernahm, schilderte beispielhaft die brutalen Vorfälle von staatlicher Seite bei den Abschiebungen nicht nur nach Afghanistan sondern auch in andere Länder wie etwa nach Albanien – trotz drohender Blutrache. Bei all diesen Abschiebungen werde die Trennung von Familien und eine weitere Traumatisierung der Geflüchteten (darunter viele Kinder) billigend in Kauf genommen.
Von den Sleepwalker’s Station kam die Musik am Platz – Die Gruppe (trotz des Namens „Einheimische“) hat schon die Demo gegen die NATO-Sicherheitskonferenz erfolgreich unterstützt – jetzt also den Ostermarsch.
Das Grußwort der Stadt überbrachte in diesem Jahr Cetin Oraner (Stadtratsgruppe DIE LINKE.München). Dieses Grußwort, insbesondere aber seine sehr zornige Rede, die er in seinerEigenschaft als Stadtrat hielt, fand große Zustimmung unter den Demonstrant*innen und erhielt entsprechend Beifall (Redetext siehe unten).
Die Waffen nieder! Unter dieses Motto stellte Claudia Haydt von der Informationsstelle Militarisierung Tübingen (IMI) ihren Beitrag. Sie wies u. a. auf den Zusammenhang zwischen Rüstungsausgaben und Armut hin: „Es tötet dort, wo die Waffen zum Einsatz kommen und es tötet dort, wo die Waffen das Geld nehmen zum Überleben“. Die Diskussion zum angebli-chen „Kaputtsparen“ der Bundeswehr diene nur dazu, sie – ohne großes Aufhebens – mit immer mehr Geld auszustatten. Aber: statt zusätzlicher Waffen brauche die Welt dringend wirkliche Abrüstung! Sie wies darauf hin, dass der 11. September (2001) nach Ansicht der Rüstungsindustrie der Beginn eines „goldenen Jahrzehnts“ war, von dem diese Industrie aber befürchtete, dass es zu Ende gehen könnte. Doch mit der Wahl Trumps scheinen sich neue Ausblicke zu ergeben: „die Sektkorken knallen wieder“ laute eine Überschrift in einem Rüstungsmagazin. Sollte Deutschland zukünftig 2% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Rüstung ausgeben, würde dies bedeuten, dass das Land im Jahr 2024 mit 70 bis 80 Mrd. Euro Militärausgaben die größte Militärmacht Europas wäre – ein hochgerüstetes Deutschland in der Mitte Europas mit einem Rüstungsetat, das den von Russland erheblich überschreitet. Bereits jetzt seien 130 Mrd. feststehende Ausgaben für die Rüstungsindustrie verbucht; aber bereits heute bestehe – insbesondere in Osteuropa – unter deutscher Führung eine deutliche militärische Dominanz. Zusammen mit der wirtschaftlichen ein deutlicher Ausdruck für gefährliches Großmachtstreben. So könne kein friedliches Europa entstehen.Claudie Haydt weiter: „Es gibt aber keine Alternative zum Frieden! Alleine die ersten zehn Jahre „Kampf gegen der Terror“ forderte 1,6 Mio. Tote, für die der Westen verantwortlich ist. Wie soll damit Terror besiegt und Demokratie und Völkerrecht vorangebracht werden?“ Sie begrüßte die geplanten internationalen Ermittlungen zum Giftgasbomben- Abwurf in Chan Scheichun, sieht jedoch in der Vorverurteilung Syriens einen Rückschritt bei der Suche nach Lösungen zur Beendigung des Krieges. Sie geißelte darüber hinaus den Bombenabwurf („Mutter aller Bomben“) in Afghanistan als Verstoß gegen jegliches Völkerrecht. Claudia Haydt: „Wann werden wir stark genug sein, um denen in die Arme zu fallen, die diesen Wahnsinn vorantreiben: die Zunahme von Kriegshandlungen auf allen Schauplätzen und eine Kriegsvorbereitung gegen Nordkorea mit einer drohenden nuklearen Auseinander-setzung. Wir haben die Aufgabe, diesen Wahnsinn zu stoppen!“ Sie rief dazu auf, mit den Wahlen ein deutliches Zeichen zu setzen: ´Ihr handelt nicht in unserem Namen´! Auch vor 100 Jahren sei Deutschland nicht schlafwandlerisch in den Krieg ´gestolpert´: „es wurde gerüstet, es wurde Geld ausgegeben, es wurde der Hass gegen die ´Erzfeinde´ gestreut“, so die Rednerin. Sie forderte die Demonstrant*innen dazu auf, einen Weckruf zu starten, damit nicht wieder ´schlafwandlerisch in den nächsten Krieg gestolpert´ werden kann.
Anschließend rief Johanna Pfeffer von der DFG-VK dazu auf, bei der Friedensfahrradtour mitzumachen und warb für eine geplante Dauermahnwache zum Thema Abrüstung in der ersten Sommerferienwoche am Marienplatz. Johanna Pfeffer: „in diesem Jahr, in dem die Propaganda für Aufrüstung und Kriegseinsätze einen neuen Höhepunkt erreicht hat (und in dem wir wieder einmal wählen dürfen), wollen wir größer, lauter, sichtbarer und konzentrierter gegen den Rüstungswahnsinn demonstrieren als in den vergangenen Jahren.“
Claus Schreer stellte in seinem Rückblick den Beginn und die immer wichtigere und nicht immer vergebliche Rolle der Friedensbewegung dar: Am 27. März 2017 begann bei den Vereinten Nationen in New York die erste Verhandlungsrunde für ein weltweites Verbot und die Ächtung aller Atomwaffen. Der Skandal jedoch: Deutschland stimmte mit den Atom-mächten USA und Russland, mit Frankreich, Großbritannien und Israel gegen diese Ver-handlungen und befolgte damit eine Aufforderung der US-Regierung an alle NATO-Mitgliedsstaaten, mit „nein“ zu votieren. Diese Heuchelei der Bundesregierung, die mit Lippenbekenntnissen eine Welt ohne Atomwaffen befürwortet, aber Verhandlungen zur Abschaffung der Nuklearwaffen ablehnt, sei kaum noch zu überbieten. Er wies in diesem Zusammenhang auf die Petition gegen die Stationierung neuer Atomwaffen auf dem Fliegerhorst Büchel hin und warb um Unterstützung.
Weitere Infos, Texte und Videos unter:
http://muenchner-friedensbuendnis.de/Ostermarsch-Muenchen-2017
Çetin Oraner – Grußwort der Stadt München
Münchnerinnen und Münchner, Freundinnen und Freunde,
ich begrüße euch als Vertretung für die Landeshauptstadt München bei dem, dies jährigen Ostermarsch. Mit großer Sorge verfolgen wir die angespannte Weltlage und die gefährliche Entwicklung in Syrien, in der Türkei bzw. Im Nahen Osten und wie damit umgegangen wird. Als Landeshauptstadt München, als Mitglied im Netzwerk der Bürgermeister für den Frieden (Mayor for Peace), sind wir der Auffassung, dass der einzige Weg zur nachhaltigen Lösung der internationalen Konflikte nur durch friedlichen Dialog und Kooperationen möglich sind. In diesem Sinne ist das Völkerrecht die Grundlage und Maßstab auf dem sich die Völkergemeinschaft bewegen muß und darf unter keinen Umständen in Frage gestellt noch darf es übertreten werden. Als eine friedliche, tolerante Stadt werden wir gemeinsam mit unseren Partnern unsere Bemühungen, unter anderem bei der Aufnahme und Integration von Kriegsflüchtlingen Fortsetzen, verbunden mit der Hoffnung für eine Welt ohne Krieg und Gewalt.
Liebe Freundinnen und Freunde,
nach dem ich im ersten Teil meiner Rede als Vertretung für die LHM gesprochen habe möchte jetzt, als Mitglied der Stadtratsgruppe Die Linke zu Euch sprechen.
14 Jahre nach dem Beginn des Golfkrieges erleben wir wie die US-Regierung, Großbritannien, Frank-reich und die Bundesregierung sowie die Mainstream-Medien mit fast gleichen Anschuldigungen bzw. Verleumdungen versuchen die militärische Intervention Syriens zu provozieren. Frei nach dem Motto: Je größer die Lüge, desto glaubhafter wird sie. Der neuerliche Völkerrechtswidrige Angriff der USA begleitet mit der Kriegspropaganda sollte und soll nicht nur Syrien treffen, sondern Russland Damit nehmen sie eine Eskalation, das nicht nur den gesamten Nahen Osten in die Katastrophe stürzen könnte, sondern, auch Europa, billigend in Kauf. Kurz vor dem grausamen Giftgasangriff am 21. August 2013 in einem Vorort von Damaskus, hatten oppositionelle Parlamentarier im türkischen Parlament nach eigenen Angaben Beweise gesammelt, dass die Türkei Sarin-Gas an den IS in Syrien geliefert hat. Laut Einschätzung der Parlamentarier, waren auch europäische Regierungen über diesen ungeheuerlichen Fall informiert, ohne zu intervenieren. Kurz nach dem Giftgasangriff brachte der US-Journalist Seymour Hersch, der seit Jahrzehnten von Vietnam bis Irak Kriegsverbrechen der USA auf-deckte, einen anderen mächtigen Mann mit dem Giftgaseinsatz in Verbindung: den türkischen Präsidenten Erdogan.
Unter Berufung auf einen US-Geheimdienstoffizier entlarvte Hersch den türkischen Präsidenten Erdogan, hinter diesem Giftgasangriff zu stecken, welche der USA die Rechtfertigung liefern sollte militärisch zu intervenieren und Asad zu stürzen. Nach der Veröffentlichung dieser Recherchen musste die Obama Regierung von einer militärischen Intervention absehen. Am 29. Mai 2015 ver-öffentlichte der nun im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar Bildmaterial, dass die Unter-stützung des türkischen Geheimdienstes für Al Nusra und den IS belegte. Erdogan ist von Anfang an ein wichtiger Akteur in diesem teuflischen Szenario. Jedoch die Urheber sind die, die für ihre Geo-strategischen Interessen wieder einmal das Völkerrecht mit Füßen treten um in Syrien zu inter-venieren, wohl wissend das die Eskalation zu einem Weltkrieg führen kann. Die Unterstützung der sogenannten syrischen Opposition die ausschließlich aus Islamistischen Terrorgruppen besteht ist eine gemeinsame Sache von USA, westlicher Staaten, Saudi-Arabien und der Türkei. Islamistische Kräfte die in Europa Terror Anschläge verüben, werden in Syrien von westlichen Staaten mit Waffen und Logistik unterstützt. Das muss man sich mal vorstellen, mit was für einer Heuchelei wir es zu tun haben.
Asad ist ohne Zweifel ein Diktator und über sein Schicksal müssen die Völker Syriens bestimmen. Doch was ist mit Erdogan? Während Asad Aleppo bombardierte, hat Erdogan fünf kurdische Städte dem Erdboden gleichgemacht mit tausenden zivilen Opfern und hat dafür gesorgt das 500 000 Menschen flüchten mussten. Auch nach dem das UNO-Hochkommissariat im vergangenen März die Türkei schwerer Menschenrechtsvergehen beschuldigte, haben USA, EU und allen voran die Bundes-regierung dies ignoriert. Mehr noch Merkel hat dem Despoten Erdogan Wahlkampfhilfe geleistet, das letzte Mal im vergangenen Februar. Die Bundesregierung hat Erdogan mit Waffen beliefert obwohl sie wusste, das er Krieg gegen die eigene Bevölkerung führt. Früher oder später wird Erdogan auf der Anklagebank sitzen. Das die demokratischen Kräfte in der Türkei und Kurdistan werden die Neben-kläger sein, die die Bundesregierung wegen Beihilfe zu Menschenrechtsvergehen bzw. Kriegsver-brechen anklagen wird.
Liebe Freundinnen und Freunde Morgen am Sonntag wird in der Türkei das Referendum für die Verfassungsänderung abgehalten. Bei diesem Referendum geht es nicht nur um die Zukunft der Türkei und Kurdistans, sondern, auch um die Zukunft des Nahen-Ostens und auch um die Europas. Ein Nein beim Referendum würde eine herbe Niederlage für Erdogan bedeuten und den demokratischen Kräften den Weg ebnen im Kampf für die Demokratie und dauerhaften Frieden in der Region. Es geht um die Verteidigung der demokratischen Selbstverwaltung in Rojava und im Shengal. Es geht um die Rechte der Frauen und die der arbeitenden Menschen. Es geht um die Rechte der religiösen Minderheiten und die Rechte der LGBTI. Denn die Zeit drängt. Gegenwärtig befinden sich 219 politische Häftlinge, davon ein 1/3 Frauen, seit 60 Tagen im unbefristeten Hungerstreik. Sie fordern das die Massen-verhaftungen aufhören, sowie Misshandlung, Folter und Isolation in den Gefängnissen. Des Weiteren fordern Sie die Freilassung von Öcalan und allen politischen Gefangenen. Der kritische Punkt des Hungerstreiks ist längst erreicht, in den kommenden Tagen kann es zu ersten Todesfällen kommen. Dies darf nicht geschehen.
Als Stadtratsgruppe Die Linke unterstützen wir den Aufruf des Demokratischen Kongresses der Völker (HDK-Avrupa) in Europa und rufen alle demokratischen Kräfte dazu auf sich mit den poli-tischen Gefangenen sowohl mit den demokratischen Kräften in der Türkei und Kurdistan zu solidarisieren. Für die Demokratie und dauerhaften Frieden muß Erdogan Weg. In diesem Sinne, Nein zu Erdogan und nochmals Nein.
Deshalb fordern wir:
• Schluss mit deutschen Waffen Exporten in die Türkei und in andere Länder
• Einstellung aller EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei und stopp der Finanzhilfen
• Schluß mit dem Merkel-Erdogan Pakt
• Schluß mit der Kriminalisierung der linken kurdischen und türkischen Organisationen in der BRD
Für eine Welt ohne Krieg, Gewalt und Ausbeutung – Hoch die Internationale Solidarität!