Ein Bericht von Uwe Rochel, DIE LINKE. München
Alles begann am 19. Dez. 2014 hier in München. Gleich zwei Demonstrationen wurden für Montag beim Münchner Kreisverwaltungsreferat angemeldet. Sie selbst, die Organisatoren, nennen sich „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ auch später bekannt unter dem Kürzel „PEGIDA“. Noch sind es keine langen fremdenfeindlichen Aufmärsche, sondern stationäre Kundgebungen unter dem Motto: „Stoppt den Asylmissbrauch!“ und schlicht einfach „Pegida“ nach Dresdner Vorbild, von der Gruppe die sich selbst „PEGIDA-München“ nennt. Letztere will eine kleine Runde vom Lenbachplatz über den Karlsplatz/ Stachus drehen. Beide Initiativen, die später die Namen in „BA[yern]GIDA“ und „MUE[nchen]GIDA“ ändern werden; sind vom Dresdner Cheforganisator Lutz Bachmann noch gar nicht autorisiert worden.
Am 1. Montag dem Demonstrationstag am 22. Dez. 2014 wird der Marsch abgesagt, nur eine kleine Gruppe von ca. 50 Personen aus dem rechten Spektrum finden sich am Promenadenplatz in München ein. Einen echten Erfolg hingegen feierte ‚Bellevue di Monaco‘ unter dem Motto: „Flüchtlinge sind hier willkommen.“ mit weit mehr als 15.000 Münchner_innen auf dem Max-Joseph-Platz vor der Staatsoper.
Das Sendlinger Tor sollte eine Woche später der Aufmarschort der Rassist_innen werden. Und wurde prompt von Gegendemonstrant_innen, 2500 an der Zahl, blockiert. Die Truppe von „München gegen die Islamisierung des Abendlandes“ waren zu erst dran. Den tatsächlichen Ersten sogenannten „Spaziergang“, wie die Rassist_innen ihre Aufmärsche in Zukunft selbst nennen werden, gelang erfolgreich der Organisation „Bayern gegen die Islamisierung des Abendlandes“ kurz: „BAGIDA“ am 12.01.2015. Diese Hetzertruppe erhielt zu dem die Autorisierung aus der Dresdner Zentrale und wurde zum offiziellen Ableger in München erklärt.
Von Anfang an mischten Rechtsextreme bei „BAGIDA“ mit und riefen ihre Kameraden dazu auf die Märsche zu unterstützen. So zum Beispiel der NPD Stadtrat Karl Richter der für die „Bürgerinitiative Ausländerstopp/ BIA“ aus München am Start ist, als auch der Straftäter Pilipp Hasselbach inkl. seiner Partnerin Victoria Grasser, die ebenfalls schon durch ihr aggressives und gewalttätiges Verhalten aufgefallen ist. Beide sind Führungskräfte der Minipartei „Die Rechte“ in München. In keiner Partei, aber dafür in einer Münchner Nazi-Band – „Feldherren“ – ist der Schlagzeuger Alexander Forstner der zur Beteiligung des 1. Aufmarsches aufgerufen hat.
Erschreckend war die Tatsache, dass es gut 200 Neofaschist_innen und insgesamt 1.500 sogenannte „besorgte Bürger_innen“ gab, die sich hier zum ersten Mal aktiv beteiligten.
Schon beim 2. Marsch wurden es weniger und die Zahl von 1.000 Teilnehmer_innen, am 19. Jan. 2015 schrumpfte zusammen. Die 200 Rechtsextremen kamen jedoch wieder und marschiert wieder mit. Das alles wollte das Organisations-Team um M. Stürzenberger nicht wahr haben und der Ruf nach der sogenannten „Lügenpresse“ war in München geboren.
Am 26. Jan. 2015 zogen die Rassist_innen um. Neu war der Startort am Goetheplatz in München. Aber wieder beteiligten sich Rechtsextreme und verurteilte Rechtsterroristen an den Aufmärschen.
Im Februar fiel der Montag, wie der Schnee auf den Zweiten. Die Teilnehmerzahlen schrumpften weiter. Die massiven Repressionen gegen die Linken begann. 350 um Birgit Weissmann marschierten wieder und wieder die Lindwurmstraße rauf zum KVR. PEGIDA in Dresden radikalisierte sich nun auch schriftlich mit einem 19 Punkte-Papier. Am Ende des Februars blieben ca. 250 Rechte übrig, begleitet von fünf Hundertschaften der Polizei und konträr dazu 350 Gegenprotestlern aus dem Münchner linken Spektrum. Die Polizei hatte eher die Gewerkschaftler_innen und antirassistischen/ antifaschistischen Demokrat_innen ins repressive Auge gefasst, als die vermummten Neofaschist_innen die nach den Demonstrationen Jagd auf vermeintliche und echte Linke machten. Roland Wuttke (NPD) und Bjorn Ch. Balbin (NPD) fehlten nicht bei den „Spaziergängen“ im Winter.
Der März 15 brachte dann NS-Slogans bei „BAGIDA“ hervor. Es war bereits der 11. Aufmarsch (30. März) des sich herauskristallisierten harten Kerns der Marschtruppe mit guten 120 Personen. Darunter Nazi-Aktivisten ohne und mit Parteizugehörigkeit. Die Rechte, NPD/BIA, Pro Bayern, Die Freiheit, Der III. Weg, Brigade Giesing sind unpünklich aber immer Montag erschienen, um ihren Hass auf die Straße zu tragen. Parolen waren aus den Demonstrationen zu hören: „Alles fürs Volk, Heimat* und Nation!“. Auf das Wort „Rasse*“ wurde offensichtlich aus juristischen Gründen verzichtet, da diese Kombination aus der faschistischen Zeit vor 1945 stammt.
Im April machte ein BAGIDA-Aktivist auf sich aufmerksam, der gleichzeitig Ordner spielen durfte, mit einer Leugnung des Holocaust. Es sollte nicht der letzte männliche Teilnehmer bleiben, der diesen Straftatbestand erfüllte. Viele der Rechtsextremen waren erst in Feierlaune, weil der 20. (Hitlers-Geburtstag) auf einen Montag fallen sollte. Doch der 12. Marsch fand tatsächlich erst wieder am 27. April statt. Viele der linken Aktivist_innen haben die längere Pause mit Genossen genossen. Die Rechtsextremen waren sehr frustriert auf die BAGIDA-Führer. Der zivile Ungehorsam brachte zusätzlich Motivation in den mittlerweile mehrmonatigen Gegenprotest. Eine Sitzblockade in der Karlstraße von über 1/2 Stunden brachte die 130 PEGIDA-Teilnehmer_innen zum Stillstand. M. Stürzenberger flog achtkantig aus dem Organisations-Team; B. Weissmann und S. Werner machten mit BAGIDA weiter.
Der Mai ist der Monat wo aus BAGIDA, nun mit rund 100 Leuten als harten Kern, PEGIDA-München wurde. Der harte Kern sammelte sich seit geraumer Zeit nun regelmäßig montags am Stiglmaierplatz, was bis Mitte Juli so bleiben sollte. Am 20. Juli besuchte der PEGIDA-Chefhetzer Lutz Bachmann nun die Kameraden in (der „Hauptstadt der Bewegung“) [sig] München auf dem Marienplatz zu einer stationären Kundgebung. Es wurde von PEGIDA-München als Highlight angepriesen, was aber gut 1.300 Münchner_innen durch aus anders gesehen haben. Im Gegenprotest befand sich der brave linke Aktivist Paul. Paul ist ein Mensch der weggeworfene aber noch brauchbare und gute Lebensmittel an den Abholpunkten zur Entsorgung bei Supermärkten holt. Und ansonsten natürlich Rechtsradikale nicht so cool findet. Mit einem Fandl (bayerisch: kleine Flagge) an einem gekürzten handelsüblichen Besenstiel; wie praktisch im Transport in der U-Bahn, ging er wie viele andere auf den Marienplatz, um zu demonstrieren. Gegen PEGIDA selbstverständlich friedlich. Ohne das von ihm, zu keiner Zeit, auch nach der Demo, Gewalt aus ging, wurde er verhaftet und bis September 2015 in Untersuchungshaft gepresst. In ein Gefängnis, in dessen Geschichte hunderte Antifaschist_innen verschleppt, gefoltert und ermordet wurden. STADELHEIM !
Der Sommer 2015 war für PEGIDA-München Grund genug, die Märsche nicht durchzuführen, denn der Besucherwille der Unterstützer_innen stand quasi vor dem Zusammenbruch, von einst einmal 1.500 Menschen auf nicht mal 150 runter. Die Organisation, seit 27. Mai 2015 sogar ein eingetragener Verein, beschränkte sich auf stationäre Info-Veranstaltungen in der Münchner Innenstadt. Die Sommerpause von Anfang August wegen Personalmangels hielt bis Ende des achten Monats an. Ab dem 07.09. 2015 ging es wieder auf die Straßen von München, mit Beginn am Stiglmaierplatz, wo der bereits 25. Marsch nun statt fand.
Der Startkundgebungsort veränderte sich nun mehrfach: Briennerstraße, Odeonsplatz, Max-Joseph-Platz, Isartor und wieder zum Stiglmaierplatz zurück. Die Rechtsextremen durften Dank PEGIDA in München an historisch, durch das NS-Regime, belasteten Orten, demonstrieren. PEGIDA München mit seinen terrorverdächtigen Heinz Meyer, der gleichzeitig Vorstandmitglied des gleichnamigen eingetragen Vereins ist, plant den bereits 30. Aufmarsch für den fremdenfeindlichen Mob zum 12. Oktober in diesen Jahr.
Bilder von PEGIDA-Veranstaltungen und Gegenprotest: