von Florian Pollok, DIE LINKE. München
Seit geraumer Zeit mehren sich Meldungen, wonach die Polizei in der Landeshauptstadt gegen linke Aktivist*innen härter durchgreift. Man könnte dadurch den Eindruck gewinnen, dass es eine neue Einschüchterungsstrategie gibt, um Aktivist*Innen davon abzubringen ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit zu nutzen. Praktisch, wenn man nicht möchte, dass Menschen im Ringen um politische Positionen die Oberhand bekommen könnten. Oder es geht einfach nur um das Aufzeigen der Notwendigkeit des Polizeiapparats bzw. dessen Aufstockung – in Zeiten knapper Haushaltskassen wohl eine beliebte Methode. Beide Gründe sind einer demokratischen Gesellschaft – die von sich behauptet bunt zu sein – unwürdig.
Festnahmen wegen Zeigens verbotener Symbole
Nicht nur die ach so gefährliche Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke wurde wegen Zeigens einer PKK-Fahne angezeigt und mittlerweile erstinstanzlich verurteilt (wir berichteten davon). Andernorts wurden selbige „Vergehen“ im Vorfeld gar nicht erst geahndet oder eingestellt.
So scheint die Münchner Polizei allgemein wieder härter gegen „Linke“ vorzugehen. In letzter Zeit wurden beispielsweise vermehrt Jugendliche der Freien Deutschen Jugend (FDJ) wegen Zeigens ihres Logos (aufgehende Sonne) verhaftet und entsprechend vor Gericht gebracht. Skurril dabei ist, dass das Verbot gegen die FDJ im Freistaat bzw. in der Landeshauptstadt überhaupt noch Gültigkeit zu besitzen scheint. Politisch skurril nach heutigen Maßstäben deshalb, weil die Gründe des Verbots von 1951 heute mehr als fragwürdig sind. Die FDJ, zur damaligen Zeit eine Jugendorganisation mit mehr als 30.000 Mitgliedern, überwiegend im gewerkschaftlichen Spektrum verankert, hatte seinerzeit nichts weiter getan, als gegen die Wiederbewaffnung der BRD Unterschiften zu sammeln, um eine Volksbefragung durchzuführen. Eine Demokratie sollte das befürworten, zumal so ziemlich alle Parteien angeben das Volk mehr einbeziehen zu wollen. In Ostdeutschland war die FDJ zudem nicht verboten und mit Übergang der DDR zur BRD wurde auch vereinbart, dass sämtliche Organisationen in der BRD weiterexistieren dürfen. Ein weiterer Grund, weshalb die Vorgehensweise der Münchner Ordnungshüter zu kritisieren ist. Denn ein Verbot existiert demnach spätestens seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Bei einer Anti-Pegida-Demonstration jedoch nahmen uniformierte Beamte dennoch das Tragen einer FDJ-Fahne zum Anlass zwei Jugendliche festzunehmen und anzuzeigen. Pegida-Demonstranten, die mit Hakenkreuz versehen waren, ließ man hingegen in Frieden. Bei einer anderen Aktion gegen Krieg wurde ebenso ein FDJ-Aktivist verhaftet, auch wegen des Tragens einer Fahne. Man teilte ihm bei der Festnahme sogar mit, dass er zuvor mehrere Stunden mit der Fahne beobachtet wurde. Perfide ist hier kein Ausdruck. Eine Weltanschauung, in der Engagement gegen Rechts und gegen Krieg eine Rolle spielt, ist in München demnach politisch ungewollt.
Aufschreiben von Demonstrant*Innen, Behinderung von Journalist*innen, Fotograf*Innen auf Kundgebungen
Aber nicht nur so wird offenbar versucht einzuschüchtern. Am vergangenen Donnerstag fand in München vor dem Eine-Welt-Haus eine Zwei-Mann-Kundgebung „rechter Bürger“ unter dem Motto „Freiheit statt Sozialismus“ statt. Um die 80 Gegendemonstrant*innen aus dem linken Spektrum wurden Zeugen dabei, wie die Polizei demonstrativ aufschrieb, welche Gruppen/Personen sich an den Protesten beteiligten. Ich selbst wurde auch Zeuge dieser Vorgehensweise. In letzter Zeit keine Seltenheit.
Auch Fotograf*Innen und Journalist*innen berichten ebenso zunehmend von Repressionen und Auseinandersetzungen mit der Münchner Polizei. Zum Beispiel in Zusammenhang mit Pegida-Veranstaltungen. So wurde einem Fotografen trotz Presseausweises das Fotografieren unter Androhung von persönlichen Konsequenzen untersagt. Schilderungen dieser Art sind zu Hauf in Internetforen zu finden.
Bunt geht anders
Wenn München tatsächlich so bunt ist, wie sich zahlreiche Verbände, Parteien und Einzelpersonen auf ihre Schilder schreiben, dann muss auch dafür gesorgt sein, dass nicht weggeschaut wird, wenn couragierten Bürger*Innen im Kampf gegen Rechts Repressionen widerfahren. Dann müssen Journalist*innen ihrem Rechercheauftrag nachkommen können. Dann muss auch zusammengehalten werden, wenn die eh schon wenigen Aktivist*Innen, die ohne Promis und Musikstarangebot den Kampf gegen Ausgrenzung und Fremdenhass angehen, sich mit den Ordnungshütern unserer Stadt konfrontiert sehen. Das bunte Bündnis und deren Verantwortliche müssen auch dafür Sorge tragen, dass offener Widerstand gegen Rechts in München möglich ist, ohne Abwägung von parteipolitischen Interessen.
Weitere Informationen und detailliertere Berichte zu oben beschriebenen Vorfällen sind u.a. zu finden unter: www.facebook.com/fcknzs.muc
+++ Update+++ Wie FDJ berichtet, wurde im ersten Verfahren gegen einen FDJ-Aktivisten wegen Tragens einer Fahne mit dem Symbol der aufgehenden Sonne ein Freispruch erreicht.